Zentren oder Peripherie? Zentren und Peripherie: Die Universitäten im Mekong-Delta (Teil 2): An Giang Universität (AGU) in Long Xuyen
In ihrem Gründungsjahr 1999 war es sicherlich eine kluge Entscheidung, Dr. Vo Tong Xuan als Rektor der An Giang Universität (AGU) in der Stadt Long Xuyen einzusetzen, hatte er sich doch durch seine vielfältigen Tätigkeiten in der Steigerung der Reisproduktion und auch der Schädlingsbekämpfung einen überregionalen Ruf erarbeitet, der schließlich auch zu seinem „Titel“ Dr. Rice beitrug und heute, bald 80jährig, weiterhin unter diesem Namen in Südvietnam bekannt ist.
Gegründet mit dem Auftrag zunächst die Ausbildung von 40.000 Schulabgängern regional sicherzustellen, flankierte die AGU als zweite öffentliche Universität des Mekong-Deltas die Arbeit der schon rund 30 Jahre früher gegründete Can Tho Universität. Daraus entwickelte sich über die Jahre eine Universität, die sich im Bereich angewandter Forschung und arbeitsmarktbezogener Hochschulbildung im und für das Mekong-Delta profiliert. Heute liegen die Schwerpunkte des akademischen Angebots der AGU vor allem in der Biotechnologie, der Lebensmitteltechnik, der Informationstechnologie, den Wirtschaftswissenschaften sowie der Pädagogik – es studieren knapp 10.000 Studierende in 30 Bachelorprogrammen- und 19 College-Programmen; mit lediglich drei Masterprogrammen in Umweltmanagement, Botanik/Pflanzenbau und Tierwissenschaften/Tierhaltung ist die postgraduale Ausbildung noch in den Kinderschuhen, berührt aber für die Region und darüber hinaus wesentliche und dringliche Themenkreise, die sich zukünftig entfalten werden.
Hinsichtlich der Forschungsaktivitäten ist sicherlich das “Research Centre for Rural Development” (http://www.lmppi.edu.vn/en/about/our-partners/research-centre-for-rural-development-rcrd-an-giang-university-viet-nam) hervorzuheben. Es beschäftigt sich grundsätzlich mit der Entwicklung des Mekong-Deltas, wenn es um nachhaltige Landwirtschaft, Umweltmanagement, Fragen des Empowerments, Frauen- und Landnutzungsrechte sowie den Klimawandel geht (Lower Mekong Public Policy Initiative LMPPI). Einschlägige Maßnahmen im Bereich der Fortbildung lokalen Nachwuchses werden hier mit nationalen (etwa VNU Ho-Chi-Minh-Stadt) und internationalen Forschungseinrichtungen, Institutionen (Fulbright), Hochschulen und NGOs durchgeführt.
Die Internationalisierungsbestrebungen an der AGU zeigen deutlich regionale Prägungen, indem vor allem Kooperationen mit Partnern in Korea und Japan aktenkundig sind; aber auch jenseits des Pazifiks werden Kooperationen mit etwa US-amerikanischen Universitäten durchgeführt. Aus europäischer Perspektive betrachtet, illustriert die Teilnahme am ENHANCE-Projekt, einem EU-geförderten Projekt zu Verbesserungsmaßnahmen in den Kernbereichen Forschung und Innovation, das unter Federführung der Universität Alicante und der Glasgow Caledonian Universität durchgeführt wurde, dass die AGU ein relevanter Player im Süden Vietnams ist.
Als jüngste Entwicklung, die zu einer weiteren Profilschärfung der AGU beitragen wird, ist ihre Aufnahme als Mitgliedshochschule in die Vietnam National University Ho-Chi-Minh-Stadt im September 2019 zu nennen (wir berichteten über den Themenkreis in einem früheren Blogbeitrag) – gewiss fließen hier vermehrt Gelder nach Long Xuyen, aber mit ihnen werden auch die Ansprüche wachsen, sich in den einschlägigen Leistungsbereichen zu profilieren.
Fazit: Die Feier zum 20jährigen Bestehen der AGU im November 2019 wird sicherlich auf Phasen des Auf- und Ausbaus wie auch der Konsolidierung zurückblicken, gleichzeitig aber auch einen bedingt durch die Aufnahme in das Elitenkonsortium der VNU ehrgeizigen Blick in die Zukunft wagen – die Strategie bis 2030 stellt hier Manches in Aussicht. Im Rahmen dieser, auch von der Vietnam National University unterstützten Anstrengungen wird sich die AGU dynamisch entwickeln. Insbesondere in sozial- und umweltwissenschaftlicher Hinsicht ist ein Engagement für deutsche Hochschulen zweifellos überlegenswert.
(Dr. Berndt Tilp, 26. November 2019)