Corona - Politikwechsel in Vietnam
Vietnam galt bis April 2021 als eines der Musterländer in der erfolgreichen Eindämmung von Covid-19. Eine konsequente Null-Infektionen-Politik führte zu gerade einmal knapp 4.000 am Virus Erkrankten seit Ausbruch der Pandemie, mit nur 35 Todesfällen. Während sich das Land nach außen durch sehr rigide Einreisebeschränkungen abschirmte, gab es innerhalb Vietnams nur vorübergehend Einschränkungen, die dann allerdings sehr streng waren und vor allem darauf abzielten, das Infektionsgeschehen durch die Nachverfolgung jedes einzelnen Falles sowie strikte Isolierungen zu kontrollieren. Überwiegend aber waren zum Beispiel Schulen und Universitäten geöffnet, die Null-Infektionen-Politik war erfolgreich.
Das änderte sich schlagartig Ende April mit der Delta-Variante des Virus. Vor allem in Ho-Chi-Minh-City (HCMC) und in den angrenzenden Provinzen im Mekong-Delta geriet die Lage sehr schnell außer Kontrolle, und das Virus breitete sich über alle 63 vietnamesischen Provinzen aus. Als Reaktion darauf wurde Mitte Juli bis 21. September über weite Teile des Landes ein strenger Lockdown verhängt, der in HCMC sogar zu einer mehrwöchigen Ausgangssperre verschärft wurde. Nach einem zwischenzeitlichen Rückgang der Fallzahlen bewegen sie sich Ende 2021 mit rund 15.000 Fällen täglich wieder auf sehr hohem Niveau. Krankenhäuser sind weiterhin ausgelastet; es besteht teilweise immer noch ein Mangel an Intensivbetten, Beatmungsgeräten, Blutspenden und anderen für die Behandlung von COVID-19-Patienten benötigten Mitteln. Ende 2021 zählt Vietnam rund 1,6 Millionen Erkrankungen mit über 30.000 Todesfällen. Zum neuen Infektionszentrum hat sich Hanoi entwickelt, das inzwischen rund 1.500 neue Fälle täglich zählt.
Fälle mit der neuen Omikron-Variante sind bisher in Vietnam nicht bekannt, aber das Land bereitet sich vor allem durch den Start der Booster-Impfungen darauf vor.
Die Impfkampagne verläuft nun sehr erfolgreich, auch dank vieler Spenden aus dem Ausland (Deutschland ist Ende 2021 mit über 10 Millionen Dosen der zweitgrößte Geber weltweit). Mittlerweile sind rund 78 Prozent der Bevölkerung einmal und rund 58 Prozent vollständig geimpft. In Hanoi und HCMC beträgt die Impfquote unter Erwachsenen sogar fast 100 Prozent. Die Erkenntnis, dass nur umfassende Impfungen einen weiteren Lockdown sowie auch individuelle Krankenhausaufenthalte verhindern können, führt in Vietnam zu einer sehr hohen Impfbereitschaft.
In der vietnamesischen Regierung hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass ein Zurück zur Null-Infektionen-Politik nicht mehr möglich ist. Die neue Politik im Umgang mit Covid-19 lautet nun, dass man lernen muss, mit dem Virus zu leben. Mit der steigenden Impfquote sind daher trotz hoher Fallzahlen weitere vorsichtige Öffnungen vorgesehen. So ist die Zahl der Inlandsflüge gestiegen, und auch einige Touristenzentren öffnen wieder für Gäste. Ab 1. Januar 2022 soll zudem die Quarantäne-Pflicht für vollgeimpfte oder genesene Einreisende aus dem Ausland von bisher sieben Tage Hotel- und sieben Tagen Heimquarantäne auf nur noch drei Tage Heimquarantäne reduziert werden. Zudem wird zunächst probeweise der internationale kommerzielle Flugverkehr zwischen Vietnam und Kambodscha, China, Japan, Laos, Singapur, Südkorea, Taiwan, Thailand sowie den USA ab Januar 2022 wiederaufgenommen.
Die Einreise und Aufenthalte deutscher Hochschulvertreterinnen und -vertreter in Vietnam werden allerdings auch weiterhin, bis deutlich in das Jahr 2022 hinein, wahrscheinlich nur unter sehr erschwerten Bedingungen und mit viel „Papierkrieg“ möglich sein. Wir vom DAAD hoffen, dass die Einreisebedingungen in der zweiten Jahreshälfte erleichtert werden, vorausgesetzt, die Omikron-Variante wird die bisherige vorsichtige Politik von Lockerungen und Öffnungen zulassen.
Auch im Sinne der Zusammenarbeit von deutschen und vietnamesischen Hochschulen hoffen wir darauf und auf ein weniger herausforderndes Jahr 2022. Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr!
(Stefan Hase-Bergen, 23. Dezember 2021)