Zunehmende Internationalisierung des Akkreditierungsmarktes als Qualitätstreiber vietnamesischer Hochschulen
Im Zuge globaler Reformprozesse hin zu einem lernziel- und kompetenzorientierten Ausbildungsmodell in der tertiären Bildung hat Vietnam ein Akkreditierungssystem für Studienprogramme und Institutionen aufgebaut (vgl. auch https://www.daad-vietnam.vn/de/2019/08/29/institutionelle-qualitaetssicherung-und-rankings-vietnamesischer-hochschulen/). Dieses war, historisch bedingt, stark vom US-amerikanischen Modell beeinflusst, hat sich aber seit 2016 stärker anderen internationalen und regionalen – insbesondere ASEAN-basierten und europäischen – Systemen angenähert.
Die Aufsichtsbehörde in diesem System ist die im Bildungsministerium verankerte Vietnam Education Quality Management Agency (VQA), welche 2003 als General Department for Education Testing and Accreditation (GDETA) ins Leben gerufen wurde. Ihre Aufgabe ist unter anderem, Standards für Programm- und Systemakkreditierungen festzulegen. Zuletzt wurden diese im Jahr 2016 überarbeitet und an die regionalen südostasienweit gültigen Standards des ASEAN-Universitätsnetzwerk (AUN) angeglichen.
Vier staatliche an Universitäten angeschlossene Agenturen sowie eine unabhängige Agentur (AVU&C) akkreditieren Studienprogramme und Institutionen. Akkreditierungsagenturen in Vietnam werden als Centre for Education Accreditation (kurz: CEA) bezeichnet. Die fünf vom Ministerium für Bildung und Training (MoET) anerkannten Agenturen sind:
- VNU HN Centre for Education Accreditation (VNU HN-CEA)
- VNU HCM Centre for Education Accreditation (VNU HCM-CEA)
- Centre for Education Accreditation (CEA-University of Da Nang)
- Centre for Education Accreditation (CEA-AVU&C)
- Centre for Education Accreditation (CEA-Vinh University)
Von den 235 Hochschulen in Vietnam wurden 164 erfolgreich von diesen fünf nationalen Agenturen systemakkreditiert, zudem akkreditierten sie weitere 279 Studienprogramme.
Allerdings häuften sich zunehmend Vorwürfe zur Qualität und mangelnden Neutralität der nationalen Akkreditierungsverfahren, und es wurden sowohl Standards als auch Verfahren mehrmals überarbeitet. Problematisch war zudem eine häufig zu beobachtende Doppelrolle von Mitarbeitenden der CEAs. Diese waren sowohl im universitätsinternen Qualitätsmanagement als auch in den externen Agenturen tätig. Dies kann auch als Symptom des generellen Mangels an qualifiziertem Personal im QS-Bereich im Land interpretiert werden.
Um all diesen Herausforderungen zu begegnen, den Wettbewerb im Land zu erhöhen und regional wie globale Anerkennung von Bildungsabschlüssen zu verbessern, wurde der vietnamesische Markt sukzessive für internationale Dienstleister geöffnet. Einer der ersten transnationalen Anbieter war das von AUN im Jahr 2000 ins Leben gerufene Prüfverfahren “AUN-QA”. AUN ist ein von den ASEAN-Bildungsministern der Vereinigung Südostasiatischer Staaten (ASEAN) im Jahr 1995 gegründetes Netzwerk südostasiatischer Eliteuniversitäten, das sich für Internationalisierung der Hochschulbildung einsetzt, aber auch durchaus als Lobbyverband seiner Mitglieder auftritt. Anders als AUN selbst, steht AUN-QA allen Hochschulen offen. In Vietnam wurde AUN-QA als Akkreditierungsverfahren anerkannt, insbesondere durch die Reform der nationalen Standards des Jahres 2016. Hierdurch wurde den zunehmenden Harmonisierungsbestrebungen im Bereich Hochschulbildung in ASEAN Rechnung getragen, was aber unter den vietnamesischen Hochschulen zu Beginn kontrovers diskutiert wurde.
Mittlerweile akkreditieren neben AUN-QA noch acht weitere internationale Agenturen in Vietnam. Diese haben inzwischen 218 Studienprogramme akkreditiert und seit 2017 auch acht Hochschulen systemakkreditiert. Für deutsche Hochschulen besonders relevant ist, dass im Juni diesen Jahres FIBAA, AQAS und ASIIN als bisher einzige internationale Agenturen eine besondere Zulassung zum vietnamesischen Akkreditierungsmarkt erhielten. Dies kann auch als generelles Qualitätssiegel für den Bildungsstandort Vietnam gesehen werden.
Die zunehmende Internationalisierung der Akkreditierungsprozesse Vietnams hat damit zur Folge, dass internationale Qualitätsprinzipien Einzug hielten und hiermit die Qualität der hausinternen Verfahren bei VQA und den CEA gesteigert werden konnte, da diese auf dem heimischen Markt andernfalls nicht mehr bestehen können. Weiterhin hat Vietnam seit dem Jahr 2016 einen nationalen Qualifikationsrahmen und ist im Begriff diesen gegenüber dem regionalen Pendant (AQRF) zu referenzieren. Es wird ASEAN-seitig angestrebt, das AQRF mittelfristig mit Australien und Neuseeland im Rahmen eines regionalen Referenzierungsprozesses abzugleichen. Dies geschieht unter dem Banner der ASEAN-Australia-New Zealand Free Trade Area (AANZFTA) und wird auch auf Seiten der EU aufmerksam verfolgt.
Der DAAD ist als Partner eng in die Reformen eingebunden. Auf nationaler Ebene über seine Außenstelle in Hanoi, die im November einen großen virtuellen Workshop zum Thema Quality Assurance und Akkreditierung durchführte (vgl. http://www.daad-vietnam.vn/de/2021/11/23/qualitaetssicherung-an-vietnamesischen-hochschulen/). Auf regionaler ASEAN-Ebene ist er über das EU-finanzierte, seit 2015 operierende Kooperationsprojekt “EU Support to Higher Education in the ASEAN Region” (SHARE) involviert, das die Region beim Aufbau eines einheitlichen Hochschulraums, inspiriert durch den europäischen Bolognaprozess und das Erasmus-Programm, durch Trainingskurse, Politikdialog und Studienstipendien unterstützt. Weitere Informationen zu SHARE können abgerufen werden unter: https://www.share-asean.eu/ sowie https://www.daad.de/de/infos-services-fuer-hochschulen/weiterfuehrende-infos-zu-daad-foerderprogrammen/share/.
Die durch Qualitätssicherung und (internationale) Akkreditierungen gesteigerte Qualität wird sich mittelfristig in einem erhöhten Vertrauen in Vietnams Studienprogramme und Hochschulen niederschlagen, national wie international. Deutsche Hochschulen können sich in Zukunft bei der Suche nach Kooperationspartnern in Vietnam verstärkt auf deutsche und europäische Akkreditierungsprozesse verlassen, aber auch die Ergebnisse des entsprechenden ASEAN-Prozess über AUN-QA konsultieren.
(Sebastian Gries, 28.11.2021)