Institutionelle Qualitätssicherung und Rankings vietnamesischer Hochschulen
Die Notwendigkeit dafür ist augenfällig, denn obschon vietnamesische Hochschulen wesentliche Maßnahmen hinsichtlich der Verbesserung von Forschung, Lehre und Management erfolgreich implementiert haben, sehen sie sich doch drängenden Herausforderungen gegenüber: Curriculumsinhalte etwa entsprechen nicht durchgehend den Erfordernissen des Arbeitsmarktes, Lehrende sind nicht mit zeitgemäß didaktisierten Unterrichtsszenarien vertraut und zu viele Graduierte sehen sich einer mühsamen und nicht erfolgversprechenden Arbeitssuche ausgesetzt und sind oft von Arbeitslosigkeit betroffen.
Der Wichtigkeit und Dringlichkeit akademischer Qualitätssicherung wurde und wird deshalb Rechnung getragen mit einschlägiger Hochschulgesetzgebung, zuletzt durch das Hochschulgesetz von 2012 und verschiedene Novellierungen, die wichtigste wohl zur Hochschulautonomie im November 2018 (vgl. hier auch den Blogbeitrag von Stefan Hase-Bergen vom Januar 2019). Überwacht wird das Qualitätsmanagement durch das General Department of Quality Management im Ministry of Education and Training (MoET), das fünf Akkreditierungszentren mit der Durchführung der Audits beauftragt hat. Da es hier in jüngster Vergangenheit zu Kritik an womöglich subjektiv gefärbten und nicht qualitätsorientierten Verfahren kam, wurde der Ruf laut, gänzlich unabhängige Akkreditierungsagenturen zu gründen, wie auch in Deutschland üblich. Bislang wurden 121 der 235 Universitäten Vietnams erstmalig akkreditiert (Stand: 30. April 2019). Um erfolgreich für fünf Jahre akkreditiert zu werden, müssen vietnamesische Hochschulen in entsprechenden diversen Leistungsbereichen wie etwa Forschung, Lehre und Internationalisierung die jeweiligen Leitungs-, Kern- und Supportprozesse und die damit verbundene Qualitätssicherung darstellen. Die vietnamesischen Akkreditierungsstandards beruhen dabei weitestgehend auf den Qualitätsvorgaben der ASEAN University Network for Quality Assurance (AUN-QA), dem 32 vietnamesische Hochschulen als assoziierte Mitglieder angehören (Stand: März 2019).
Über diese regionale Ausrichtung hinaus bemühen sich vietnamesische Universitäten um internationale Integration im Qualitätsmanagement: So hat sich etwa die University of Economics Ho-Chi-Minh-Stadt 2017 erfolgreich einer FIBAA-Programmakkreditierung für vier wirtschaftswissenschaftliche Bachelor- und Masterprogramme unterzogen und auch AACSB-Mitgliedschaften etwa der FPT University Hanoi/ Ho-Chi-Minh-Stadt und der Tra Vinh University im Mekongdelta sowie bei der EFMD (European Foundation for Management Development) zeigen Schritte in die richtige Richtung, auch wenn die letzteren nicht mit einer Akkreditierung gleichzusetzen sind. Vor allem ist hier auch die Vietnamesisch-Deutsche Universität (VGU) in Binh Duong zu nennen, die durch ihre deutschen Partneruniversitäten für alle Studienprogramme entsprechende Akkreditierungen der vom Deutschen Akkreditierungsrat zertifizierten ASIIN, ZEVA und AQUIN vorweisen kann.
Die qualitätsgesicherte Verbesserung institutioneller Performanz wirkt sich dabei offensichtlich auch positiv auf die Positionierung in internationalen Rankings aus, denn auch wenn vietnamesische Hochschulen in den bekannten internationalen Rankings wie etwa der Times of Higher Education oder der Jiaotong-Universität (“Shanghai”-Ranking) (noch) nicht aufscheinen – eine bemerkenswerte Ausnahme ist hier die Ton Duc Thang University in Ho-Chi-Minh-Stadt, die im August 2019 in letzteren Ranking als erste und einzige vietnamesische Universität in den Rängen 901-1000 unter die besten tausend Universitäten weltweit aufgenommen wurde -, spricht das QS (Quacquarelli Symmons)-Ranking (http://www.topuniversities.com) für Asien eine deutliche Sprache: Während hier 2013 lediglich die beiden Nationaluniversitäten in Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt (Vietnam National University) vertreten waren, sind im diesjährigen Ranking auch die Hanoi University of Science and Technology, die Ton Duc Thang University in Ho-Chi-Minh-Stadt, die Can Tho University und die Hue University unter die Top 500 des Kontinents eingezogen. Und weltweit rangieren 2019 die beiden Nationaluniversitäten unter den besten 1000 Hochschulen.
Dieser proaktiven Teilnahme an internationalen Vergleichsstudien ebnet auch die erwähnte Novellierung des Hochschulgesetzes mit etlichen Regelungen zur Hochschulautonomie von 2018 den Weg, indem es die Rechenschaftspflicht vietnamesischer Hochschule und daraus folgend die entsprechenden Freiheiten in die Akkreditierung legt: So können institutionell akkreditierte Hochschulen selbständig neue (auch internationale “joint”) Bachelorprogramme anbieten und es ist ebenfalls möglich, auf der Basis akkreditierter Bachelorprogramme weiterführende Studien zu offerieren, ohne sich dabei mühsamen und zeitaufwendigen Genehmigungsprozessen durch das MoET unterziehen zu müssen.
In a nutshell: Trotz erheblicher Verzögerungen in der Implementierung eines verlässlichen Qualitätssicherungssystems, damit verbundener Akkreditierungsverfahren und der Teilnahme an internationalen Rankings ist das Bewusstsein für entsprechende Maßnahmen wesentlich gestiegen und zeigt Dynamik. Die Schritte, die bisher gegangen wurden, sind vielversprechend und vietnamesische Hochschulen können sich schon jetzt international durchaus messen lassen und stellen so qualitätsverpflichtete Partner für ihre deutschen Gegenüber dar.
(Dr. Berndt Tilp, 30. August 2019)